Text von Michael Gerker


 

kn. Zur zeichnung der Rhönkaninchen gibt es immer wieder Diskussionen, wie diese denn übehaupt aussehen soll. Durch die Beschreibung im Standard gibt es keine fest vorgechriebene Zeichnung. Und so unterscheiden sich die Tiere auf den Ausstellungen und man erhält ein buntes abwechslungsreiches Bild.

 

 

 

 

Bei der Vorbereitung des Beitrages war mir Familie Hülsmann aus Bad Laer behilflich. Dort hatte ich an der Zuchtanlage freie Auswahl und konnte alle Kaninchen fotografieren. Des Weiteren sind auf vielen Schauen Fotos von Rhönkaninchen geschossen worden. Dadurch kann ich im Folgenden einige schöne Beispiele für optimale Zeichnungen und auch für Zeichnungsfehler zeigen.

Die Entstehung der Rhönkaninchen liegt mittlerweile über 40 Jahre zurück. Herauszüchter war Karl Becker aus dem thüringischen Stadtlengsfeld. Mit den Rhönkaninchen hat er ein wunderbares Lebenswerk vollbracht und den Grundstein für die vielen weiteren rhönfarbigen Rassen gelegt. Auf den Offenen Rhönkaninchenschauen habe ich ihn in den Neunzigern persönlich kennengelernt. Eine seiner weiteren Leidenschaften war das Schnitzen. Über die Jahre hat er zahlreiche Trophäen mit Rhönkaninchen – und später auch mit rhönfarbigen Widdern und Zwergen – erstellt und die Ehrenpreistische der Rhönschauen dadurch bereichert.

 

Die Erzüchtung der Rhönkaninchen war kein Zufall. Im Jahre 1969 begann Karl Becker sein Vorhaben. Die Ausgangstiere waren ein Kleinchinchilla-Rammler und eine japanerfarbige Häsin, die aus den Rheinischen Schecken stammte. Als Erklärung möchte ich dazu erläutern, dass die Rheinischen Schecken spalterbig sind und im Gegensatz zu schwarz-weißen Schecken keine einfarbig schwarzen Jungtiere werfen, sondern japanerfarbige. Bei einer Verpaarung von Schecke x Schecke liegt der Anteil der japanerfarbigen Jungtiere im Durchschnitt bei 25% und bei einer Verpaarung von Schecke x Japanerfarbig erhält man ca. 50% dieser Jungtiere. Die Zeichnung dieser japanerfarbigen Rheinischen Schecken weichen meistens stark von den rein gezüchteten Japanerkaninchen ab. Die klare Abgrenzung der Farbfelder und die geteilte Kopfzeichnung sind weniger vorhanden. Man kann hier von einer geblümten Zeichnung sprechen. Durch den Einsatz des Kleinchinchillas sollte hier der Gelbverstärker weggezüchtet werden. Bei der Verpaarung fielen in der F1-Generation ausschließlich wildfarbene Nachkommen. Für die Verpaarung der Wildfarbenen Kaninchen konnte Zuchtfreund Becker in der F2-Generation neben wildfarbenen Jungtieren auch chinfarbige, japanerfarbige und rhönfarbige erwarten. Wobei hier nach der Vererbungslehre nur jedes 16. Jungtier rhönfarbig sein sollte. Bereits 1971 stellte Karl Becker die ersten Rhönkaninchen in Leipzig aus.

 

Im Jahre 1977 kamen die ersten Tiere nach Westfalen. Die ersten Züchter waren Günter Bombelka aus Porta Westfalica und Otto Berner aus Steinfurt. Als weitere Mitstreiter in der Abteilung Neuzüchtung auf den Bundesschauen sind Günter Depenbrock aus Stemwede und Michael Gerstner aus Freiburg zu nennen. Die Anerkennung in den westlichen Bundesländern durfte dann noch einige Jahre auf sich warten lassen. Am 1. Oktober 1985 wurden die Rhönkaninchen in den Standard des ZDK aufgenommen.

 

          

0,1 Rhönkaninchen, 97,5 Pkt., Sieger,                                        1,0 Rhönkaninchen, 97,0 Pkt., Ehrenpreis,                 0,1 Rhönkaninchen, 97,0 Pkt., Sieger,                              

 18. Offene Rhönkaninchen- und                                                18. Offene Rhönkaninchen- und                                    18. Offene Rhönkaninchen- und

 12. Offene Schwarzgrannenschau in                                       12. Offene Schwarzgrannenschau in                           12. Offene Schwarzgrannenschau in

 Steinfurt-Burgsteinfurt 2008,                                                   Steinfurt-Burgsteinfurt 2008,                                        Steinfurt-Burgsteinfurt 2008,

 Franz Walterskötter, Ibbenbüren                                             Reinhold Wegner, Braunschweig                                   Zgm. Scholz und Töpel, Jena-Cospeda

 Der erste Rhön-Club wurde am 27. April 1986 in Burgsteinfurt im Landesverband Westfalen gegründet. Dieser setzte sich damals aus 18 Züchtern aus fünf verschiedenen Landesverbänden zusammen. Im Jahr der Anerkennung wurden 22 Rhönkaninchen auf derBundesschau in Nürnberg gezeigt. Danach ging es mit der Verbreitung schnell voran. Bereits auf der Bundesschau 1987 in Stuttgart wurden 98 Rhönkaninchen ausgestellt.

 

Seit 1991 findet jährlich eine Rhönkaninchenschau statt, zu der mittlerweile auch alle rhönfarbigen und schwarzgrannenfarbigen Rassen zugelassen sind. Durch die züchterische Arbeit – vor allem auch auf Club-Ebene – konnten die Rhönkaninchen im Laufe der Jahre auf einen hohen Zuchtstand gebracht 

werden.

 

Eine frohwüchsige  kleine Rasse

Die Rhönkaninchen sind im Standard unter den Kleinen Rassen zu finden. Das Idealgewicht liegt zwischen 2,75 kg und 3,25 kg. Dieser Größenrahmen dürfte ebenfalls zum Erfolg dieser Rasse beigetragen haben, da sich die Züchterschaft immer mehr auf die Kleinen Rassen verlagert hat. Bei dieser frohwüchsigen Rasse muss man natürlich das Gewicht im Auge behalten. Ein regelmäßiges Wiegen der Jungtiere ist wichtig, um diese nicht zu schnell bis an die Gewichtsobergrenze zu füttern. Beim Führen einer Gewichtsliste hat man in den folgenden Jahren eine gute Vergleichsmöglichkeit und man kann gut einschätzen, wie sich die Nachzucht entwickelt.

 

Ein kurzer, walzenförmiger Typ ist gefordert

Die Qualität der Formen konnte in den letzten Jahren in vielen Zuchten auf einem hohen Niveau gefestigt werden. Die Tiere sind kurz und walzenförmig. Und wenn sich die Züchter mit den Tieren beschäftigt haben, präsentieren sich diese auch sehr gut. Eine bodenfreie Stellung ist allerdings auch erblich bedingt. In manchen Linien liegt diese Eigenschaft schon in den Genen. 

Probleme bereiten manchmal noch die Hinterpartien, die teilweise etwas besser abgerundet sein dürften. Außerdem sollte man den Brustpartien genügend Beachtung schenken. Die Tiere sollten keine lose Fellhaut zeigen. Ein  Wammenansatz bei älteren Häsinnen ist kein Fehler. Bei den Rammlern darf man in punto Wammenansatz weder bei der Bewertung noch in der Zucht Kompromisse eingehen.

 

Das Fellhaar

Das Fellhaar wird im Standard als dicht und voll-griffig mit einer guten 

Unterwolle beschrieben. Die Begrannung darf nicht zu grob sein. Tiere mit nicht zu langer Begrannung haben meistens ein klareres Zeichnungsbild.Trotz der Kleinchinchilla in der Ahnentafel haben die Rhönkaninchen in manchen Zuchten noch etwas wenig Dichte in der Unterwolle. Doch man hat in den letzten Jahren auch schon einige Tiere gesehen, die berechtigter Weise eine 14,5 im Fell bekommen haben. Hier ist weiterhin das züchterische Geschick gefragt und so wird man die Felle insgesamt noch weiter verbessern können.

 

Markante Köpfe

Die Rhönkaninchen besitzen eine breite Stirn- und Schnauzpartie und gut ausgeprägte Backen. Der Kopf der Häsin soll sich jedoch, wie bei allen Rassen, gut von dem des Rammlers unterscheiden lassen. Die Ohren, die zusammen mit dem Kopf in Position 4 bewertet werden, sollen gut zum Körper passen und eine kräftige Struktur vorweisen. Die Ohren stehen dabei leicht V-förmig; man sollte jedoch immer darauf achten, dass die Haltung der Ohren nicht zu breit ist. Der Zuchtstand in dieser Position ist als sehr gut einzustufen.

 

Die Zeichnung ist nicht berechenbar

Die spannendste Position ist zweifelsohne die Zeichnung. Hier gibt es keine klar definierten Vorgaben wie beispielsweise bei den Kleinschecken mit 5 bis 7 Zeichnungspunkten auf jeder Seite und einem Aalstrich von etwa 2 cm Breite. Die Beschreibung der Zeichnung ist etwas lockerer gefasst und lässt in gewisser Weise einen subjektiven Spielraum zu. Zur Veranschaulichung von idealen und fehlerhaften Zeichnungen der Rhönkaninchen haben wir die folgenden Fotos zusammengestellt und diese entsprechend erläutert.

 

       

Bei diesem Tier ist eine Teilung der                            Bei diesem Rhönkaninchen ist der Stirnbereich 

 Kopfzeichnung vom Ohrenansatz bis zur                geteilt gezeichnet. Zur Nase hin ist diese 

 Nase erkennbar.                                                                 geteilte Zeichnung deutlich unterbrochen.

 Die geteilte Kopfzeichnung ist ein leichter              Insgesamt ist die Kopfzeichnung schön 

 Fehler.                                                                                    aufgelockert gezeichnet.  Es liegt kein Fehler vor.

   

 Lange Jahre trugen die Rhönkaninchen auf vielen Schauen die Farbbezeichnung „birkenfarbig“, die jedoch im Standard nicht auftaucht. Die Diskussionen gingen dann oft in die Richtung: „…Birkenstämme sehen überall unterschiedlich aus. Die gibt es ja in hell und dunkel. Wie sollen die denn nun aussehen?“ Die weiße Grundfarbe wird gleichmäßig von Flecken, Streifen und Spritzern überzogen. Dabei sollen Kopf, Ohren und Läufe mit einbezogen sein. An der Blume wird die Zeichnung nicht berücksichtigt. Sehr schön wirkt es immer, wenn einzelne Streifen am Körper erkennbar sind. Dadurch tritt das Zeichnungsbild klar in Erscheinung. Hätte man ein Tier, das gleichmäßig nur von kleinen Spritzern überzogen ist, würde die Deckfarbe einfach nur „schimmelig“ wirken. Das typische Zeichnungsbild der Rhönkaninchen würde fehlen. 

 

                  

 Gänzliches Fehlen der Zeichnung am Kopf ist                        Dieser Rammler zeigt eine schön 

 ein schwerer Fehler und wird mit „n.b.“                                    aufgelockerte Kopfzeichnung.

 bewertet.

 

Als leichter Fehler zählt das Fehlen von Zeichnung an einem Ohr oder beiden Vorderläufen. Wenn ein solcher Kritikpunkt auf der Bewertungsurkunde vermerkt wird, sollte der Preisrichter diesen Fehler auch eindeutig feststellen. Oftmals hat ein wenig gezeichnetes Ohr noch Spritzer auf der Rückseite oder  an der Ohrwurzel.  Auch die Vorderläufe bringen im gestreckten Zustand oft  noch Flecken zum Vorschein. Auf den Urkunden kommen trotz der klaren  Fehlerbeschreibung jedoch Bemerkungen wie „rechter Vorlauf weiß“ zustande, obwohl ein einzelner nicht gezeichneter Vorderlauf nicht annähernd als Fehler zu betrachten ist.

 

                      

Das Fehlen der Zeichnung an beiden                                                 Das Fehlen der Zeichnung an beiden 

 Vorderläufen ist ein leichter Fehler und wird                                Vorderläufen ist ein leichter Fehler und wird 

 mit Punktabzug gestraft. Bei der Bewertung                                mit Punktabzug gestraft. Bei der Bewertung 

 sollte der  Preisrichter jedoch  genauestens                                 sollte der  Preisrichter jedoch  genauestens 

 Nachschauen, ob beim gestreckten Lauf nicht                             Nachschauen, ob beim gestreckten Lauf nicht 

 noch Flecken zum Vorschein kommen.                                            noch Flecken zum Vorschein kommen.

 

Als leichter Fehler zählt zudem die geteilte Kopfzeichnung. Hier sollte klar sein, dass auch bei einer geblümten Zeichnung ein solcher Fehler vorliegen kann. Es wird nie den Fall geben, dass eine Gesichtshälfte des Tieres komplett schwarzgrau und die andere Hälfte gänzlich weiß ist. Die gezeichnete Seite wird immer weiße Bereiche haben. Doch wenn die  Kopfzeichnung tendenziell vom Ohrenansatz bis zur Nase geteilt gezeichnet ist, kommt es zu Punktabzug. Erst das gänzliche Fehlen von Zeichnung am Kopf oder beiden Ohren führt zum Ausschluss. Außerdem dürfen keine zeichnungsleeren Flächen von mehr als ein Viertel des Körpers vorhanden sein.

 

                 

 

   Gute Zeichnung                                                                                                  Auch an nicht gezeichneten Zehen 

                                                                                                                                      sind dunkelhornfarbige Krallen 

                                                                                                                                     möglich  

 

 

Eine intensive Farbe ist gefragt

Die Grundfarbe ist ein reines weiß ohne gelben oder bräunlichen Anflug. Die Zeichnungsfarbe wird im Standard mit grau-farbig bis schwarzgrau bezeichnet. Ein intensives Schwarzgrau ruft schon allein durch den Kontrast ein ansprechendes Farbbild hervor. Um die Intensität der Farbe zu erhalten hat es sich bewährt, von Zeit zu Zeit auch mal ein voller gezeichnetes Tier in die Zucht einzusetzen. Die hornfarbigen Krallen dürfen an hellen Läufen auch heller sein und an gezeichneten Zehen dunkler hornfarbig in Erscheinung treten. Nur völlig pigmentlose Krallen führen zum Ausschluss. In einigen Zuchten hat man  die dunklen Krallen schon gleichmäßig an hellen Läufen, ganz unabhängig von der Zeichnung.

 

Rasse des Jahres 2012

Nicht unerwähnt bleiben soll die Tatsache, dass die Rhönkaninchen 2012 zur Rasse des Jahres gewählt wurden. Dieses war sicherlich ein Werbeeffekt für diese reizvolle Rasse.

 

Die Zucht

Mit jedem neuen Wurf bleibt die Spannung bei dieser Rasse erhalten. Die Jungtiere sehen nie gleich aus und selbst bei unterschiedlichen Zeichnungen kann man zweimal das Ideal treffen.

 

Durch die Beliebtheit der Rhönkaninchen wurde die Zeichnung im Laufe der Jahre auf einige andere Rassen übertragen. So gibt es heute Deutsche Kleinwidder, Zwergwidder, Farbenzwerge, Rexe, Zwerg-Rexe und als Neuzüchtung Löwenköpfchen in rhönfarbig. Einen solchen Siegeszug hätte Karl Becker bei der Erzüchtung seiner Rasse bestimmt nicht für möglich gehalten.

 

 

Michael Gerker

 

 

Quellnachweis:

http://www.kleintiernews.de/topics/rhoenkaninchen.php

Walter Hornung, Japaner und Rhönkaninchen, Deutscher Kleintierzüchter Nr.11/1990

Standard 2004, Zentralverband Deutscher Kaninchenzüchter e.V., Ausgabe 2004

Jubiläumsheft 15 Jahre, 1986 – 2001, Rhön-Club W611 Westfalen